Welche Narkoseverfahren gibt es? Wie unterscheiden sie sich? Was sind die Vor- und Nachteile? Und vor allem: Wie sicher sind die Verfahren für die Patientinnen und Patienten? Antworten auf diese Fragen gab es in der Jülicher Gesundheitsstunde von Anästhesistin Dr. Birgit von Mulert. Das Patientenforum des Krankenhauses Jülich stand unter der Überschrift „Narkose – was passiert da?"
Dr. Sabine Tack, Chefärztin der Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Schmerztherapie und Notfallmedizin, begrüßte die Gäste zu „einem Thema, das sonst eher etwas hintenansteht". Gedanklich befassten sich die Patientinnen und Patienten vor einer OP selbstverständlich in erster Linie mit dem Grund der OP und weniger mit der Narkose, sagte die Chefärztin. Daher sei es wertvoll, sich im Rahmen einer solchen Informationsveranstaltung ohne akuten Anlass schon ein umfassendes Bild zu machen.
Dieses Bild zeichnete Dr. Birgit von Mulert in ihrem gut verständlichen Vortrag, in dem sie zunächst erklärte, worin sich Vollnarkose, Regionalanästhesie, Spinalanästhesie und Peridualanästhesie unterscheiden. Während die Patienten bei einer Vollnarkose in einen Tiefschlaf versetzt und künstlich beatmet werden, betäubt die Regionalanästhesie nur einzelne Körperbereiche wie einen Arm oder ein Bein und die Spinalanästhesie die gesamte untere Körperhälfte. Die Peridualanästhesie schaltet das Schmerzempfinden in einzelnen Körperbereichen aus.
Die erfahrene Fachärztin verdeutlichte, dass mit einer Vollnarkose mehr mögliche Nachteile für die Patientinnen und Patienten verbunden sind: So können unter anderem Herz-Kreislauf-Probleme auftreten, Übelkeit oder auch Heiserkeit, die durch die Beatmung verursacht wird. „Aber wir haben alle möglichen Nebenwirkungen im Blick und können heute mit den modernsten Überwachungsgeräten, mit prophylaktisch gegebenen Medikamenten und weiteren Sicherheitsmaßnahmen die Risiken einer Vollnarkose auf ein Minimum senken", erklärte Dr. von Mulert.
Ein Thema, das bei der Vollnarkose vor allem für ältere Patientinnen und Patienten Bedeutung hat, ist das Delir. „Etwa 15 Prozent der über 65-Jährigen entwickeln nach einer Vollnarkose ein Delir, das sich durch Unruhe, Aggression und Halluzinationen, aber auch durch Apathie oder Teilnahmslosigkeit äußern kann", berichtete die Referentin. Wichtig sei daher, bei geplanten Eingriffen vorzubeugen: „Möglichst viel Bewegung, Gedächtnistraining, ausreichend Schlaf und ausreichende Flüssigkeitsaufnahme – das sind Faktoren, die das Risiko senken."
Wenn die Art der Operation es erlaubt, seien mit Blick auf mögliche Nebenwirkungen bei älteren Patientinnen und Patienten die anderen Anästhesieverfahren der Vollnarkose vorzuziehen, resümierte die Anästhesistin. Sie stellte den Fortschritt vor, der bei den einzelnen Verfahren gemacht wurde und ließ zur Veranschaulichung eine ultrafeine Nadel durchs Publikum gehen, die heute bei der Spinalanästhesie zur Anwendung kommt. So ging der Vortrag nahtlos in den intensiven Austausch mit den Gästen über, bei dem Dr. von Mulert und Dr. Tack keine Frage unbeantwortet ließen.