Die wichtigste Botschaft vorweg: In einer Notfallsituation wollen die meisten Menschen gerne helfen. Aber nur die wenigsten wissen, was sie tun sollen. „Sie sind das erste Glied in einer Kette, und ein ganz entscheidendes. Es ist wichtig, in einem solchen Augenblick die Ruhe zu bewahren und aktiv zu werden", betonte Dr. Nektarios Mpasios. Der leitende Oberarzt der Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Schmerztherapie und Notfallmedizin im Krankenhaus Jülich gab den Zuhörern beim Patientenforum in der Gemeinschaftsgrundschule Aldenhoven ganz klare Anweisungen und Tipps an die Hand, wie sie sich in einer Notfallsituation verhalten sollten, um schnell und effektiv Hilfe zu organisieren und selbst zu helfen. „Sie können nichts falsch machen", stellte der Experte klar.
Eine medizinische Notfallsituation ist laut Definition ein plötzlich eingetretenes Ereignis, das eine unmittelbare Gefahr für Leben und Gesundheit des Patienten bedeutet. Das kann ein Verkehrsunfall sein, aber auch ein Herzinfarkt oder Schlaganfall. „Das Allerschwierigste ist es, die Kontrolle über sich selbst behalten", sagte der Experte. Die Angst, etwas falsch zu machen, lasse Menschen beispielsweise zögern. Dabei zählt jede Minute, um sich einen Überblick zu verschaffen, eine eigene Gefährdung auszuschließen und Hilfe zu alarmieren. „Je mehr beteiligt sind oder zugucken, desto weniger wird geholfen", brachte Nektarios Mpasios die Notwendigkeit auf den Punkt, selbst die Initiative zu ergreifen. „In einer Notfallsituation sind bestimmte soziale Kriterien außer Kraft gesetzt. Sie dürfen einen Fremden ansprechen, eventuell anfassen und Distanzen überwinden. Sie dürfen Aufgaben delegieren und Aufträge erteilen", erklärte er.
Sofort mit der Reanimation beginnen
Zu den dringenden Aufgaben zählen: Puls und Atmung der verletzten Person prüfen. Ist die Person ansprechbar? Reagiert sie beispielsweise auf ein Anfassen an Arm oder Schulter? Kann die Person mitteilen, was passiert ist, welche Beschwerden sie hat? Bei Bewusstlosigkeit, plötzlichen Brustschmerzen oder Atemnot sollte umgehend ein Notruf (112) abgesetzt werden – oder jemand beauftragt werden, dies zu tun. Wichtig ist es, am Telefon zu bleiben, um weitere Infos zu erteilen oder den Anweisungen der Leitstelle zu folgen. Klagt der Patient über Schmerzen in der Brust, sollte nach Möglichkeit geprüft werden, ob es in der Umgebung einen Defibrillator gibt, den ein anderer Helfer holen kann. Haben Atmung und Herzschlag ausgesetzt, muss sofort mit einer mechanischen Reanimation begonnen werden. „Der Restsauerstoff im Körper reicht noch für fünf bis sechs Minuten und muss sofort verteilt werden", erläuterte Nektarios Mpasios.
100 Mal pro Minute
Als Faustregel für eine mechanische Reanimation gilt: Im untersten Drittel des Brustbeins oben den Handballen aufsetzen, die zweite Hand zur Hilfe nehmen, die Ellbogen gerade lassen und mit dem Gewicht gleichmäßig nach unten drücken und wieder loslassen: 100 Mal pro Minute. Wenn möglich, wird 30 Mal gedrückt und zwei Mal beamtet. Nektarios Mpasios: „Ob jemand beatmen möchte oder nicht, kann jeder für sich selbst entscheiden." Angst, die andere Person zu verletzen, müsse niemand haben. „Wenn eine Rippe bricht, ist das nicht gefährlich. Aber selbst die schwächste Reanimation ist besser als keine", betonte der Mediziner. Eine frühzeitig von Laien begonnene Wiederbelebung könne helfen, 10.000 Leben im Jahr zu retten.