So bleiben wir fit im Alter
Es muss schon ein besonderer Abend sein, wenn mal eben ein kölsches Grundgesetz außer Kraft gesetzt wird. „Et kütt wie et kütt", sagt der Kölner in einer Art von Schicksalsergebenheit. Dr. Robert Dujardin wollte das nicht gelten lassen. „Et kütt NIT wie et kütt", stellte der Titzer Allgemein- und Arbeitsmediziner in der Gesundheitsstunde on Tour fest, zu der das Krankenhaus Jülich diesmal ins Bürgerhaus nach Hasselsweiler eingeladen hatte. Er sagte das mit Blick auf die Art und Weise, wie wir älter werden. Dujardin und Konstantinos Chondros, Chefarzt der Geriatrie im Krankenhaus Jülich, hatten dem Publikum im sehr gut besuchten Patientenforum viele gute Tipps für ein gesundes Älterwerden mitgebracht. Sich nicht dem Schicksal ergeben, sondern dem körperlichen und geistigen Abbau aktiv entgegenwirken – das war der Appell der beiden Ärzte an diesem Abend.
Die Formel für starke Muskeln
Training, Proteine und Vitamin D – laut Konstaninos Chondros ist das die Formel für starke Muskeln auch im Alter. „Wenn wir auf die Prognosen der Erkrankungen schauen, dann ist ab einem bestimmten Alter der Herzinfarkt weniger gefährlich als der Oberschenkelhalsbruch", sagte der Geriater und Kardiologe. Da der Mensch zwischen dem 30. und 80. Lebensjahr ein Drittel seiner Muskelkraft verliert und dadurch im höheren Alter die Gefahr von folgenschweren Stürzen immer größer wird, sei es wichtig, diesem Abbau entgegenzutreten. Unter anderem durch eine ausreichende Aufnahme von Proteinen (Eiweiße). „Im Alter heißt das: mindestens 1,2 bis 1,5 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht", sagte der Chefarzt. Da das über die normale Nahrung kaum zu erreichen ist – bei einem 75 Kilo schweren Mann wäre das zum Beispiel ein halbes Kilo Fleisch – rät der Mediziner dazu, die Nahrung mit Eiweißpulver zu ergänzen. Konkret nannte er Molkeprodukte, die auch Leucin enthalten, eine Aminosäure, die für den Energiehaushalt im Muskelgewebe eine zentrale Rolle spielt. Zu drei Mahlzeiten täglich jeweils 25 Gramm Proteine seien nötig, um neue Muskelkraft aufzubauen. „Ein Titzer Landei hat etwa 6 Gramm", gab der Chefarzt eine Orientierungshilfe und nannte zudem Milch und Käse als weitere wertvolle Proteinlieferanten.
Auch beim Vitamin D, das ebenfalls den Muskelaufbau fördert, reiche der natürliche Lieferant – die Sonne – leider nicht aus, erklärte Chondros und riet auch dabei zur Ergänzung. Bei der dritten Muskelaufbau-Säule, dem körperlichen Training, sei es sehr wichtig, nicht nur auf die Kraft zu gehen: „Erst durch Koordinationstraining wie Tai Chi oder auch Tanzen kommt die Beweglichkeit zurück, die es ermöglicht, die höhere Muskelkraft in schnelle Reaktionen umzusetzen, um beispielsweise Stürze zu verhindern."
„Bewegung lohnt sich"
Dr. Robert Dujardin überraschte die Besucherinnen und Besucher zu Beginn seines Vortrags mit der Information, wie viel wir tatsächlich selbst dazu beitragen können, die lebensverkürzenden Erkrankungen zu vermeiden. 78 Prozent der Schlaganfälle, 80 Prozent der koronaren Herzerkrankungen und sogar 93 Prozent der Diabetesfälle könnten durch einen gesunden Lebensstil verhindert werden, sagte Dujardin. Bewegungsmangel, Übergewicht, ungesunde Ernährung und Rauchen seien die Hauptrisikofaktoren. Dabei gewinne der Bewegungsmangel in der heutigen Zeit immer größere Bedeutung. „Sitzen ist das neue Rauchen", zitierte der Mediziner einen Slogan, der die Gefahren eines bewegungslosen Lebensstils auf den Punkt bringt. „Bewegung lohnt sich", betonte Dujardin: „Das Herz-Kreislauf-Risiko sinkt um zwei Drittel, das Krebsrisiko für mehrere Krebsarten um ein Drittel und das Demenzrisiko um drei Viertel. Und Bewegung hilft gegen Depressionen oft gleich stark wie Tabletten." Er warb für eine gesunde Ernährung mit mehr Fisch und weniger Fleisch, mehr Gemüse und weniger Kartoffeln und Teigwaren, mehr (gutem) Fett und weniger Zucker. Hochverarbeitete Lebensmittel und süße Getränke gehörten auf den Index. Und beim Thema Alkohol liege die Betonung im Klassiker „Drink doch ene mit" auf dem Wort „ene".
Training brauche nicht nur der Körper, sondern auch unser Gehirn, betonte Dr. Dujardin. „Bleiben Sie neugierig und offen", empfahl er den Besucherinnen und Besuchern und schob mit Blick auf den Fernsehkonsum scherzhaft hinterher: „Bringen Sie Ihr Hirn in Sicherheit vor ´Sturm der Liebe´".